Die Natur ist etwas Fazinierendes. Binsenweisheit, in deren Bann man gerät, wenn man auch nur ein klein wenig genauer hinschaut. Jüngster Schauplatz war ein kleines Pflanzgefäß, in dem sich ein Obstkern anschickte, einen neuen Baum hervorzubringen. Die Frucht selbst, der der Kern entstammte, mag nicht jedermanns Sache sein, doch die Entwicklung des jungen Sprosses geht ja geruchsneutral vonstatten. Die Rede ist von Durian. Den einen unerträgliche Stinkfrucht, den anderen kulinarischer Hochgenuss. Aber darum geht es nicht. Es geht um den Kern.

Durian 01
Fast wie eine Schildkröte

Den, vom Fruchtfleisch befreit, legte ich für ein paar Tage ins Wasser und, siehe da, schon nach wenigen Tagen entwickelte sich ein Keim. Damit schien der Zeitpunkt gekommen, dem Keimling etwas Boden unter die Füße zu geben. Das tat ihm offensichtlich gut, denn er schob rasch nach und ließ den Keim nach unten wachsen. Anfangs hatte das ganze gewisse Ähnlichkeit mit einer kleinen Schildkröte.

Durio zibethinus heißt  die Pflanze bei den Wissenschaftlern und wird von denen auch der Familie der Malvengewächse zugeordnet.

 

Durian 02
Eine Woche später

Damit ist sie u.a. mit dem Hibiskus verwandt. Umgangssprachlich sind sowohl Durian als auch Zibetbaum gebräuchlich. Die ursprüngliche Heimat des immergrünen Baumes sind Malaysia und Indonesien. Heute ist die Pflanze über ganz Südostasien und darüber hinaus verbreitet. Dabei erreicht sie in der Natur beachtliche Wuchshöhen von bis zu 40 Metern. Da wird die Ernte dann zu einer Angelegenheit für Schwindelfreie.

Bis dahin ist es aber noch ein Stück für das abgebildete Exemplar. Ein Woche später zeigt der Keim eine deutliche Wölbung und ähnelt so eher einem Schwanenhals. Ob dieser Baum jemals so groß wird, ist ohnehin fraglich, denn auf Plantagen begnügen sich

Durian 3
Ein erstes Stück Grün

Durianbäume meist mit 10 Metern Höhe. Bei den Duriangärtnern in Südlaos findet man aber durchaus stattlichere Exemplare. Ernten im eigentlichen Sinn kann man die schweren und wegen ihrer starken Stacheln unhandlichen Früchte dann kaum noch. Man wartet, dass sie selbst vom Baum fallen. Das gibt dann einen ordentlichen Knall. Hat es dann gerumst, so erzählt ein Bauer, heißt es schnell sein. Denn auch für die meist frei im Dorf umherlaufenden Schweine sind die stark riechenden Früchte ein Leckerbissen. Fallen sie nachts vom Baum, haben die Menschen meist das Nachsehen.

Inzwischen ähnelt der Keim fast schon einem Elefantenrüssel.

Durian 4
Vorbereitung zum Kraftakt

Doch am Ende, im Innern der Frucht, zeigt sich einer erster Anflug von Grün. Nach Schildkröte, Schwan und Elefant ein deutlicher Hinweis auf den pflanzlichen Charakter.

Nur zwei Tage später sieht es aus, als sammele die junge Pflanze alle Kraft, um den Samenkern emporzustemmen. Der kräftige Wuchs des Keims jedenfalls deutet darauf hin. Auch die Krümmung des nun wie ein kleiner Baumstamm wirkenden Teils scheint das zu bekräftigen. Immerhin soll es dann ja noch hoch hinaus gehen.

 

Durian 5
Abkehr

Doch dann passiert das Unerwartete: der Keimling lässt den Samenkern abrupt beiseite, kappt schnöde die Verbindung. Der Samen, der den Keimling so mühsam genährt und aufgepäppelt hat, hat ausgedient. Kein Wunder, dass die Früchte später stark riechen müssen – das stinkt so manchem. Da mögen die Experten schreiben was sie wollen: „Der Geschmack wird beschrieben als an Walnuss und Vanille erinnernd, jedoch mit einer kräftig fruchtigen Kopfnote und einem deutlichen zwiebligen Geschmacksanteil. Der Geruch der Durianfrucht wird als lauch- und käseartig beschrieben. Er wird vorwiegend durch Dithiohalbacetale und andere schwefelhaltige Verbindungen

Durian 6
Grüne Spitze

verursacht.“

Klar, Schwefel. War da nicht noch etwas, was nach Schwefel roch?

„Insgesamt wurden bisher ungefähr zweihundert Verbindungen gefunden, die unterschiedlich stark zum Geruch beitragen. Besonders interessant ist dabei die Verbindung 1-Ethylsulfanyl-ethanthiol, deren Geruch an Röstzwiebel erinnert. Sie ist zum Beispiel aus dem Lauch bekannt, wurde aber bisher in keiner anderen Frucht als in der des Durianbaums beobachtet.“

Alles klar? Schon beim Lesen von Begriffen wie „Dithiohalbacetale“ und „1-Ethylsulfanyl-ethanthiol“  läuft einem förmlich das Wasser im Mund zusammen, oder?

Durian 1 Jahr
nach etwa einem Jahr

Langsam wird auch der frühe Wuchs des Durianbaums verständlich. Der Rüssel, so sieht es aus, stellt die Grundlage des künftigen Baumstamms dar. Kleine grüne Punkte an dessen Spitze lassen das Erscheinen von Blättern erahnen. Sobald sie sichtbar sind, werde ich den Bericht abschließend vervollständigen. Bis dahin schaut auf das Bild, wie ein Durian-Bäumchen nach etwa einem Jahr aussieht.

Nun ist es auch gelungen, das erste Blatt des neuen Durianbäumchens im Bild festzuhalten. Hat sich etwas geziert, denn andere mit etwas späterem Startdatum sind inzwischen etwas weiter und haben schon 2-3 Blätter. Immerhin hat der Baum nicht

Durian 1 Blatt
Das erste Blatt ist da

aufgegeben, sondern seine Entwicklung regelkonform fortgesetzt. Wenn er dann im nächsten Jahr so kräftig aussieht, wie das Exemplar auf dem oberen Foto, kann er sicher den Topf verlassen und weiter nach Höherem streben.