Schon bei dem Namen rümpft sich die Nase. Da macht der französisch anmutende Charme des Nachnamens kaum etwas gut: stinkend! Nein, danke!

Dann eben lateinisch: Passiflora foetida. Das klingt deutlich besser, wissenschaftlicher halt. Wahrscheinlich, weil mir auf dem Weg zum Abitur Latein erspart bleib. Schließlich, so sagen die Übersetzungsprogramme, heißt foetida nichts anderes als stinkend. Nur eben mit diesem streng wissenschaftlichen Anstrich. Ein Recherche ergab dann, dass die Pflanze nicht einfach so vor sich hin stinkt, sondern unangenehme Gerüche nur entwickelt, wenn Blätter beschädigt wurden. Eine durchaus verständliche Abwehrreaktion. Wer lässt sich schon gern ungestraft beschädigen. Da gehört stinken dann sicher zu den eher zurückhaltenden Vergeltungen.

 

Passiflore edulis
Passionsblume

Wie ich auf das geruchsintensive Grünzeug komme? Seit einiger Zeit versuche ich mit eher mickrigem Erfolg, Maracuja anzubauen. Nicht einfach so, sondern mit dem Ziel, auch Früchte zu ernten. Dazu braucht es Sonne, viel direkte Sonne, dann blüht die Passionsblume nicht nur, sondern liefert auch Frucht. Nachdem nun ein Platz an der Sonne gefunden war, zeigte sich Passiflora edilus sehr zufrieden, rankte prächtig und trieb auch erste Blüten. Schon hier wird der interessierte Leser stutzig, geht es doch hie wie da um Passiflora, zu gut deutsch Passionsblume. Gut, die Familie ist ein wenig größer. 530 Arten werden allein der Gattung zugeschrieben.

Steh also da und bewundere die gedeihende essbare (edulis) Passionsblume, drehe mich ein wenig zur Seite und entdecke – richtig, eine ganz ähnlich aussehende Blüte.

Passiflora foetida
Stinkende Grenadille

Nun gibt es ja diese herrvorragenden Pflanzenerkennungsapps, die mich gleich auf die richtige Spur brachten, wenn das mit dem stinkend zunächst auch ein wenig irreführend war, denn ich näherte mich mit olfaktorischer Vorsicht. Kein Gestank. Dafür Früchte in unterschiedlichen Stadien der Entwicklung. Der Größe, oder besser der mangelnden Größe wegen könnte man besser von Früchtchen reden. Dabei fällt eine weitere Besonderheit der geruchsentwickelnden Art auf: die Früchtchen sind von einem Gespinst grüner

Passiflora foetida - grün
Stinkende Grenadille mit Flor

Fäden umgeben. Auch dafür hält das Internet eine plausible Erklärung bereit: es handelt sich um einen ausgeklügelten Schutzmechanismus, der durch das feine Mäntelchen Insekten davon abhält, an die Frucht zu gelangen. Damit nicht genug sind die feinen Härchen mit einer klebrigen Substanz überzogen, die zudem auch noch zersetzende Enzyme enthält. Kurz und gut, es handelt sich um eine fleischfressende Pflanze. Was andererseits bestimmte Insektenarten zu einer Art Vergeltungsfeldzug anzustacheln scheint, denn weder Gestank noch Fliegenfalle halten

 

Dione vanillae
Raupen bei der Arbeit

Schmetterlinge speziell der Art Dione vanillae davon ab, über die Pflanze herzufallen, ihre Eier dort abzulegen und die Blätter als Nahrung ihrer Raupen zu verwenden. Das sei ihnen ausnahmsweise gewährt, denn schließlich handelt es sich um eine Art aus der Familie der Edelfalter. Wie das Foto zeigt, konnte man die edlen Raupen beobachten, wie sie mächtig ins Blattwerk langten. Bis zur Entfaltung der bis zu 95 mm Spannweite messenden orangenen Schmetterlinge mochte ich dieses Mal nicht mehr warten. Das belibt künftigen Gartenexpeditionen vorbehalten.

 

Passiflora foetida Frucht
Wilde Passionsfrucht

Hier noch ein Bild der fertigen Frucht, die in verschiedenen Publikationenauch als wilde Maracuja oder Buschpassionsfrucht vorkommt und entgegen der geruchsbedingten Voreingenommenheit unter der Rubrik essbar geführt wird. Es bedarf allerdings einer größeren Zahl der hier knallgelben Bällchen, um den kulinarishen Schritt von einer minimalistischen Verkostung zu einem vollwertigen Teil einer Mahlzeit gehen zu können.